Baum-Entdecker-Forum – April 2022

Dicke Esche am Schwarzwaldgehöft: Stammumfang 6,54 m, Nationaler Baumentdecker: Stefan Kühn

und dürfte auch etwas jünger sein. Die „Dicke“, die wir hier im Forum als BILDPUBLIKATION vorstellen, könnte gut 250 Jahre alt sein, die dünnere schätzungsweise um 200 Jahre.

Schwarzwald, Baden-Württemberg 26.04.2022

Eschen-Geheimnisse

Der Schwarzwald birgt noch viele Geheimnisse. In seinen steilen Schluchten und auf seinen Dörfern und Gehöften verbergen sich spektakuläre Bäume. So, wie diese Hofesche. Während die berühmte Esche am Hierahof mit schwer gezeichneter Krone ihrem zeitlichen Ende entgegensieht, bringt uns diese neu entdeckte Riesin ins Staunen und Grübeln. Woher kommt die Enge Verbindung der Einheimischen mit der Esche? Warum ziert diese Baumart so häufig die Schwarzwaldhäuser, ganz besonders die typischen Auffahrten zum Heuboden? So etwas gibt es offenbar nur hier, im Südwesten der Republik. Und in diesem speziellen Fall sogar im Doppelpack. In Sichtweite der ersten Esche wächst – wiederum an einer Auffahrt zum Heuboden – noch eine zweite Esche. Sie ist mit 5,43 m Umfang etwas dünner als das erste Exemplar

Baden-Württemberg, Schwarzwald - 24. April 2022

Im Tal der Maronen

Bild rechts: Auf etwa 350 m Höhe stehen zwei gewaltige Maronen, dieses Exemplar am Steilhang misst 8 m im Stammumfang. Nationaler Baum-Entdecker: Michel Grün.

Noch ist der Winter nicht vom Schwarzwald gewichen. So durchfuhr Michel Grün kürzlich auf seinem Fahrrad eine Landschaft, geteilt in Grün und Weiß. Die Tour führte eigentlich zum Ausgangspunkt für eine Tannenwanderung. Doch dann blieb sein Blick an einigen markanten Baumgestalten hängen: Maronen, wie sofort am Habitus erkennbar war. So blieb es nicht bei den Tannen, sondern später folgte noch ein Abstecher. Das Tal liegt im Südschwarzwald – ein sonniges, landwirtschaftlich geprägtes Gebiet. Und als Höhepunkte in der Landschaft locken an zwei ziemlich steilen Standorten drei außergewöhnliche Maronen. Am höchsten (siehe „Schneefoto“) steht ein Exemplar mit 6,60 m Stammumfang, auf der 430-m-Höhenlinie. Andernorts, etwa auf der 350-m-Höhenlinie, stehen zwei gewaltige Maronen nur einen Steinwurf weit auseinander, die eine mit 8,60 m Umfang (!), die andere, etwas verstecktere, mit satten 8 m Umfang (jeweils hangparallel in 1 m Höhe gemessen). Und das Beste: Der Zustand aller drei Exemplare ist ausgenommen gut. Nur fällt auf, dass hier und da einige talwärts zeigende, tief ansetzende Seitenäste zu Boden geknickt sind, vielleicht durch hohe Schneelast oder Sturm. Die Kronen sind ansonsten erstaunlich gut erhalten. Wieder einmal zeigt sich, wie wertvoll es ist, die Augen offen zu halten. Diese Maronen sind nicht einfach neu entdeckte national bedeutsame Bäume. Für ihre Art (Castanea sativa) sind die beiden dicksten Exemplare ganz oben mit dabei. Sie gehören zu den Spitzenreitern der Spezies. Gratulation zu diesem großartigen Fund!
Die dickste Marone mit 8,60 m Stammumfang
Weiter oberhalb auf 430 m Höhe befindet sich diese dritte Marone mit 6,60 m Stammumfang noch im Schnee

Brandenburg, Landkreis Oberhavel, Löwenberg - 10. April 2022

Brandenburgischer Waldriese

Gerald Lemke entdeckte in seinem Heimatkreis diese erst jüngst im Jahre 2019 als Naturdenkmal ausgewiesene Rotbuche (Fagus sylvatica). Als sehr groß gewachsener Mann lässt er den Stammdurchmesser der Buche nicht gleich erkennen. Sie erhebt sich im Forstrevier Teschendorf fast schon feierlich über alle umstehenden Gehölze. Die dünnen Nadelhölzer im Hintergrund wirken mickrig im Vergleich zu diesem Waldriesen, ihre Stämme wie Strohhalme. Die Naturschutzbehörde hat den Baum, so wie es sinnvoll ist, in 1 m Höhe vermessen und vor drei Jahren 6,20 m Stammumfang ermittelt. So dürfte der im Waldbestand mindestens vorherrschend gewachsene Baum mittlerweile bei etwa 6,25 m Umfang angekommen sein. Der Stamm ist 1-kernig, hoch aufschießend, schon bald in zwei starke Äste aufgeteilt, die sich weiter oben gut entfalten. Unterhalb der Gabelung befindet sich ein markanter, rundlicher Stammknoten, Baumkrebs, dessen Verdickung sich nach oben keilförmig bis in die Gabelung zieht. 
Ist diese Buche bereits national bedeutsam? Aufgrund des Standortes im Forst finden wir, ja. Und wer es mit den Zentimetern sehr genau nimmt: Spätestens in 10 bis 15 Jahren wird die zentrale Umfangskategorie von 6,5 m (für Buchen-NBB) erreicht sein. 

 

Nationaler Baumentdecker (NBE) dieser Riesenbuche in einem Brandenburgischen Forst ist Gerald Lemke.

Die Traubeneiche am Wollenberg, einem Ausläufer des Rothaargebirges, ist eine wahre "Bergeiche". Standort: ca. 430 m Höhe, Stammumfang: 7,84 m, Nationaler Baum-Entdecker: "durthu".

Überblicksartikel Traubeneiche (Quercus petraea), Hessen - 04. April 2022

Traumland für Traubeneichen

Wer sich für alte Traubeneichen begeistert, der muss das Bundesland Hessen bereisen. Denn Hessen ist das Traumland für die Baumart. Hier wachsen die zwei stärksten bekannten Exemplare: Zum einen die Schenkeiche auf dem Wollenberg oberhalb Warzenbach, Stammumfang 7,84 m, Standort in ca. 430 m Höhe. Die Erstbeschreibung dazu findet sich auf monumentaltrees.com und stammt von „durthu“, einem dem DBA nicht namentlich bekannten Baumfreund. Sie ist der geheime Spitzenreiter unter den alten Exemplaren. Zum anderen die Traubeneiche bei Büdingen (Rinderbügen) mit exakt identischem Umfang, wobei der Standort im historischen Büdinger Wald ein wenig niedriger liegt – etwa 350 m hoch gelegen. Gerüchte und Behauptungen zu mächtigen Traubeneichen
Rechts: Die Alte Eiche bei Roßbach ist in Wirklichkeit eine Traubeneiche. Mit 6,65 m Umfang gehört sie aus Seltenheits- und Ästhetikgründen bereits zur Spitzengruppe der Art. NBE: Stefan Kühn.

gab es natürlich schon immer. Richtig nachgeprüft wurde selten. Fröhlich etwa dokumentiert für Ebersbach, Kreis Görlitz, seinerzeit die bekannte Storcheneiche als angebliche Traubeneiche. Wir vermaßen Sie mit nur noch einem lebenden Ast (uneinsehbar weit oben), bezweifeln jedoch die Artangabe. Von der Dunieeiche bei Uslar, Niedersachsen, hieß es ebenfalls Jahrzehnte lang, es sei eine Traubeneiche. Mit über 8,3 m Stammumfang zudem Deutschlands dickste. Hintergrund war jedoch, dass der hochstämmige Riese in einem Hain junger Traubeneichen wächst. Die Dunieeiche selbst wurde von Forstbotaniker Andreas Roloff, Tharandt, vor einigen Jahren als gewöhnliche Stieleiche enttarnt, womit der Botaniker gleichzeitig zum Entdecker des Baumes wurde. Es kann nicht als Kleinigkeit gelten, Stiel- und Traubeneiche zu verwechseln. Das genetische Band, das die beiden Spezies (noch) verbindet, ist dünn. Die Leistungsfähigkeiten und Altersspannen der beiden Arten scheinen in unseren Breiten weit auseinander zu klaffen: Hier die mächtigen Stieleichen mit ihren oft 10 m Stammumfang, manchmal sogar über 12 m, da die viel weniger alten und wuchskräftigen Traubeneichen mit nirgends mehr als 8 m Umfang. Ökologisch könnte man die Traubeneiche vielleicht als eine „Bergeiche“ interpretieren, denn sie kommt mit steinigen und flachgründigen Böden aus. Die Stieleiche bevorzugt dagegen die tiefgründigen Böden des Flachlands und der großen Flußtäler. Aber auch der umgekehrte Fall kann eintreten: Erst die botanische Inaugenscheinnahme des Deutschen Baumarchivs brachte für die Alte Eiche bei Roßbach im Lahn-Dill-Kreis (nicht zu verwechseln mit der unterhalb wachsenden Dicken Eiche) das erfreuliche Resultat: Traubeneiche! Auch so kann man also zum Entdecker werden.